Otto
Griebel
1895 Meerane – 1972 Dresden
1911–15 Studium der Glasmalerei bei Josef Goller an der Kunstgewerbeschule Dresden, im August 1915 Einberufung als Soldat im Ersten Weltkrieg. Nach Kriegsende Mitglied im revolutionären Arbeiter- und Soldatenrat, Beitritt der KPD. 1919 Meisterschüler von Robert Sterl an der Dresdner Kunstakademie. Bekanntschaft mit Oskar Kokoschka, Freundschaften mit George Grosz und John Heartfield. 1919/20 Teil der Dresdner Dada-Gruppe. Übersiedlung nach Berlin, 1922 Beteiligung an der Dresdner Sezession Gruppe 1919, weiterhin u.a. Beteiligung an der Dresdner Sezession 1925/26, ASSO Dresden, Neue Dresdner Sezession 1931 und Dresdner Sezession 1932. Mitglied der Berliner Novembergruppe. 1933 Einstufung seines Werkes als feindlich-kommunistische Kunst. Teil des Kreises der aufrechten Sieben. 1945 beim Luftangriff auf Dresden Zerstörung eines Großteil seines Werkes. Nach Kriegsende bis 1960 an der Fakultät für Arbeiter und Bauern der Kunsthochschule Dresden tätig. 1965 erste umfassende Retrospektive seines Werkes gemeinsam mit Curt Großpietsch und Werner Hofmann im Leonhardi-Museum Dresden. 2017 Ausstellung in der Städtischen Galerie Dresden "Otto Griebel. Im Panoptikum der Zeit".
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Otto Griebel "Das Vagabundenmahl". 1931.
Otto Griebel 1895 Meerane – 1972 Dresden
Aquarell über Bleistift auf festem Papier. Signiert in Blei u.li. "Otto Griebel" sowie datiert und betitelt "Die Vagabunden". Verso o.li. in Blei von fremder Hand bezeichnet und nummeriert, in Farbstift "2252", Mi. in schwarzem Faserstift "193" und u.li. in Blei "5". Am o. Rand freigestellt im Passepartout montiert. WVZ Schmidt B230.
Ausgestellt in: 1. Ausstellung der Dresdner Sezession im Sächsischen Kunstverein vom 1.9. bis 15.10.1932, KatNr. 52.
Das vorliegende Aquarell
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zeigt beipielhaft die künstlerische Bearbeitung eines Grundmotivs im Oeuvre Otto Griebels – die Darstellung der sozialen Verhältnisse gesellschaftlicher Grenzgänger. Landstreicher, Vagabunden und Tagelöhner sind bei Griebel bereits zu Vorkriegszeiten auf eine Auswahl männlicher Typen festgelegt. Die Männer, auf einer Wiese wohl während einer Arbeitspause beieinandersitzend, um ihr frugales Mahl einzunehmen und Pfeife zu rauchen, sind nicht im Gespräch oder interagieren miteinander. Jeder Einzelne ist für sich, seinen Gedanken nachhängend und müde ins Leere blickend. Nur zwei von ihnen blicken nach vorn links aus dem Bild hinaus, scheinbar etwas beobachtend. Der Betrachter füllt die Lücke im Kreis um das aufgeteilte Brot, als würde er ein Stück entfernt sitzen und an der Runde teilnehmen. Es herrscht eine Stimmung von Apathie, Erschöpfung und Abgekämpftheit, aber es schwingt auch ein Gefühl von Gemeinschaft und ein gewisses Wohlwollen mit den Dargestellten mit. In Aufzeichnungen des Künstlers, die im Erinnerungsbuch "Ich war ein Mann der Straße" zusammengetragen sind, benennt Otto Griebel die Dargestellten als Hilfsarbeiter der Dresdner Vogelwiese. Das zugrundeliegende Manuskript des Künstlers bringt diese Textstelle in unmittelbare Beziehung zur Entstehung des "Vagabundenmahls". Ein Jahr vor Entstehung dieses Blattes gründete sich die politisch ambitionierte Künstlergruppe ASSO, woraufhin Otto Griebel vermehrt Arbeiten mit politischem Inhalt schuf. Gruppendarstellungen mit männlichen Akteuren dieser Zeit zeigen u.a. die Aquarelle "Abgekämpfte Truppe" von 1931 (WVZ Schmidt B228) und "Aussperrung" von 1932 (WVZ Schmidt B236). Innerhalb der Dresdner Kunst der Neuen Sachlichkeit gilt Otto Griebel als maßgeblicher Protagonist.
Lit.: Gisbert Porstmann / Johannes Schmidt (Hrsg.): "Otto Griebel. Verzeichnis seiner Werke". Bonn 2017. Otto Griebel: "Ich war ein Mann der Straße. Lebenserinnerungen eines Dresdner Malers." Altenburg 1995. Hier S. 187. Birgit Dalbajewa (Hrsg.): "Neue Sachlichkeit in Dresden". Staatl. Kunstsammlungen Dresden / Galerie Neue Meister. Dresden 2012. S. 212–215.
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Ein kleiner Knick an u.re. Ecke (ca. 2 cm) und an o.re. Ecke (ca. 1,2 cm), die u.li. Ecke leicht aufgefasert. Am li. Blattrand eine leichte, vertikale Stauchung mit minimaler Bereibung der Farbschicht. Verso am o. Rand sowie an der li. Ecke Papier- und Klebereste, wohl aufgrund einer früheren Montierung sowie wenige vereinzelte bräunliche Fleckchen.
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